Was ist ein Spannungs­einbruch?

Spannungseinbrüche können zu großen Problemen führen, beispielsweise zum Ausfall von Produktionsprozessen und zu Qualitätsproblemen. Solche Einbrüche entstehen weitaus öfter als Unterbrechungen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Spannungseinbrüchen werden immer wieder stark unterschätzt.

Aber was ist eigentlich ein Spannungseinbruch? Wie entsteht ein Spannungseinbruch? Lässt sich ein Spannungseinbruch vermeiden, oder müssen wir versuchen, die Folgeschäden durch rechtzeitige Erkennung zu begrenzen? In diesem Artikel wird auf diese Themen näher eingegangen.

Gemäß der Europäischen Norm EN 50160 wird unter einem Spannungseinbruch ein plötzliches Absinken des Spannungseffektivwertes auf einen Wert zwischen 90 % und 1 % des festgelegten Wertes verstanden, gefolgt von einer direkten Wiederherstellung dieser Spannung. Die Dauer des Spannungseinbruchs liegt zwischen einer halben Periode (10 ms) und einer Minute.

Wenn der Effektivwert der Spannung nicht unter 90 % des festgesetzten Wertes sinkt, wird dies als normaler Betriebszustand betrachtet. Sinkt die Spannung unter 1 % des festgesetzten Wertes, ist dies eine Unterbrechung.

Ein Spannungseinbruch ist somit nicht mit einer Unterbrechung zu verwechseln. Eine Unterbrechung entsteht zum Beispiel nach Ansprechen einer Sicherung (typ. 300 ms). Der Netzausfall verteilt sich in Form eines Spannungseinbruchs über das restliche Verteilernetz fort. Die Abbildung (Abb. 2) verdeutlicht den Unterschied zwischen einem Einbruch, einer kurzen Unterbrechung und einer Unterspannung.

Abb-1-Beispiel-fuer-einen-Spannungseinbruch
Abb. 1: Beispiel für einen Spannungseinbruch
Abb-2-Unterschied-zwischen-Einbruch-Unterspannung-und-Unterbrechung-2
Abb. 2: Unterschied zwischen Einbruch, Unterspannung und Unterbrechung
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Abb. 5: Die meisten Spannungseinbrüche werden durch Kurzschlüsse im Mittelspannungsnetz verursacht
3. Kurzschlüsse im Mittelspannungsnetz

Am häufigsten werden Einbrüche im Mittelspannungsnetz verursacht. Diese können beispielsweise durch folgende Einflüsse entstehen:

  • Erdbauarbeiten
  • Durchschlag in einer Verbindungsmuffe
  • Kabelalterung
  • Kurzschluss in Freileitungsnetzten (Sturmschäden, Tiere, etc.)


Die nachstehende Abbildung (Abb. 5) zeigt ein typisches Beispiel für den Aufbau eines Mittelspannungsnetzes. Die bekannten Transformatorhäuschen / Ortsnetzstationen (grüne Punkte) sind ringförmig untereinander verbunden und an eine Verteilerstation (blaue Punkte) angeschlossen. Der Ring steht immer irgendwo offen (siehe Ring aus den grünen Punkten rechts unten). Kommt es zu einem Kurzschluss, fließt ein Kurzschlussstrom (rote Linie). Dieser fließt, bis die Sicherung in der Verteilerstation den Ring abschaltet. Dies ist in der linken Abbildung zu sehen (im Ring links oben).

Während des Kurzschlusses fließt somit kurzzeitig ein hoher Strom. Wegen der Netzimpedanzen führt dies zu einem kurzzeitigen Absinken der Spannung im gesamten Netz. Dieses kurzzeitige Absinken der Spannung macht sich als „Spannungseinbruch‟ bemerkbar.

Etwa 75 % der Spannungseinbrüche entstehen im Mittelspannungsnetz. Häufig sind diese für die Verbraucher nicht zu vermeiden.

Kurzschlüsse im Hochspannungsnetz
Schlüsse im Hochspannungsnetz werden oft durch Gewitter oder (fehlerhafte) Schaltvorgänge verursacht. Letzteres vor allem in Bereichen am Ende einer Hochspannungsleitung.

Probleme durch Spannungs­einbrüche

Spannungseinbrüche können zum Ausfall von Computersystemen, SPS-Anlagen, Relais und Frequenzumrichtern führen. Bei kritischen Prozessen kann schon ein einzelner Spannungseinbruch hohe Kosten verursachen, insbesondere kontinuierliche Prozesse sind hiervon betroffen. Beispiele hierfür sind Spritzgießprozesse, Extrusionsprozesse, Druckprozesse oder die Verarbeitung von Lebensmitteln wie Milch, Bier oder Erfrischungsgetränken.

Die Kosten für einen Spannungseinbruch bestehen aus:

  • entgangenen Gewinnen durch Produktionsstillstand
  • Kosten für das Nachholen von Produktionsausfällen
  • Kosten für eine verspätete Auslieferung von Produkten
  • Kosten für verloren gegangene Rohmaterialien
  • Kosten für Schäden an Maschinen, Geräten und Matrizen
  • Wartungs- und Personalkosten

Die durchschnittlichen Kosten eines Spannungseinbruchs sind stark branchenabhängig:

  • Feinchemie € 190.000
  • Mikroprozessoren € 100.000
  • Metallverarbeitung € 35.000
  • Textilien € 20.000
  • Lebensmittel € 18.000

Zuweilen laufen Prozesse in unbemannten Bereichen ab, in denen Spannungseinbrüche nicht sofort bemerkt werden. In diesem Fall kann beispielsweise eine Spritzgießmaschine unbemerkt zum Stillstand kommen. Wird dies später entdeckt, ist bereits großer Schaden entstanden. Die Kunden erhalten die Produkte zu spät, und der Kunststoff in der Maschine ist ausgehärtet. Bei Druckereien oder in der Papierindustrie kann Papier reißen oder sogar einen Brand verursachen. Ein anderes bekanntes Beispiel ist der Schaden, der dem Reifenhersteller Vredestein durch Spannungseinbrüche entstanden ist.

Abb-6-Die-ITI-Kurve-CBEMA
Abb. 6: Die ITI-Kurve (CBEMA) legt fest, wann ein Spannungseinbruch zum Ausfall von IT-Geräten führt

Anfälligkeit von IT-Anlagen für Spannungseinbrüche und -unterbrechungen

Gerade IT-Anlagen sind für Spannungsunterbrechungen und Spannungseinbrüche anfällig. Dies bedeutet, dass alle Prozesse, die von Mikroprozessoren gesteuert werden, für derartige Störungen anfällig sind, beispielsweise

  • SPS-Anlagen
  • Frequenzumrichter
  • Maschinensteuerungen
  • Server, PCs, usw.

In der vom Information Technology Industry Council erstellten ITI-CBEMA-Kurve ist festgelegt, wann ein Spannungseinbruch zum Ausfall von IT-Geräten führt und wann eine Spannungsspitze Beschädigungen an IT-Geräten auslöst. Obwohl das Modell für 120V- 60 Hz-Netze entwickelt wurde, wird es auch auf Geräte angewandt, die an 230 V- 50Hz-Netze angeschlossen sind. Das Modell kann von Herstellern als Entwurfsrichtlinie herangezogen werden.

Abb-7-UMG-604
Abb. 7: Zum Signalisieren von Spannungseinbrüchen ist der kompakte Netzanalysator UMG 604 prädestiniert

Wie kann man Spannungs­einbrüchen begegnen?

Spannungseinbrüche durch Einschaltströme lassen sich bedingt durch einen besseren Aufbau der technischen Anlage vermeiden. Spannungseinbrüche durch Kurzschlüsse im Niederspannungsnetz kommen normalerweise nur selten vor. Die meisten Spannungseinbrüche werden durch Schlüsse im Mittelspannungsnetz verursacht. Gegen die Ursachen für diese Einbrüche lässt sich nichts ausrichten.

Die Einbrüche selbst lassen sich beheben durch:

  • Statische UPS, eine Gleichspannungsquelle mit nachgeschaltetem Wechselrichter. Diese Lösung kommt häufig als Überbrückung zum Notstromaggregat zur Anwendung.
  • Kontinuierlich mit der Belastung mitlaufendes Schwungrad (dynamische UPS). Bei einer kurzen Unterbrechung oder einem Einbruch wird dem Schwungrad Energie entzogen. Diese Lösung ist nicht billig und wird häufig in Rechenzentren angewandt.
  • Anschließen von Steuer- und Regelungsanlagen für einen Prozess an eine stabilisierte Stromversorgung.
  • Nachrüsten der elektrischen Infrastruktur. Dies ist nicht immer möglich und sicher auch nicht billig.

Daraus können wir folgern, dass die Behebung von Spannungseinbrüchen keine billige Angelegenheit ist. Mitunter kann es wirksam sein, Spannungseinbrüche frühzeitig zu signalisieren. Mit guten Berichterstellungs-Tools lassen sich die Ursachen ermitteln und gezieltere (und somit kostengünstigere) Maßnahmen ergreifen.

Abb-10-Bericht-ueber-Spannungseinbrueche-und-spitzen-anhand-der-ITI-Kurve
Abb. 10: Bericht über Spannungseinbrüche und -spitzen anhand der ITI-Kurve

Zusammenfassung

Spannungseinbrüche kommen relativ häufig vor und werden nicht immer erkannt. Der wirtschaftliche Schaden von Spannungseinbrüchen ist größer als der von Unterbrechungen. Durch Nachrüsten der elektrischen Infrastruktur lässt sich eine Reihe von Spannungseinbrüchen reduzieren. Der Einsatz von unterbrechungsfreien Stromversorgungen oder Drosselspulen kann die Folgen von Spannungseinbrüchen begrenzen. In einigen Fällen sind diese Maßnahmen jedoch zu teuer. Der erste Schritt ist jedoch immer die Erkennung und Dokumentation von Spannungseinbrüchen. Janitza bietet komplette Lösungen an, die nachhaltig und sicher gesamte Betriebsprozesse kontinuierlich überwachen und analysieren. Mit dem Einsatz von moderner Messtechnik können Spannungsqualitätsprobleme rechtzeitig identifiziert und behoben werden. Eine Steigerung der Versorgungssicherheit ist garantiert, Wartungskosten werden reduziert und die Lebenszeit der Fertigungsanlage verlängert sich.

Quellangaben

VOLTAGE SAGS AN EXPLANATION
CAUSES, EFFECTS AND CORRECTION
Ian K.P. Ross, MIEE

POWER QUALITY, OVER SPANNING
STROOM EN HUN INTERACTIE
Dr.ir. J.F.G. Cobben & Ir. J.N. Luttjehuizen