"Wir brauchen mehr Fakten bei der Energiewende!"
Andreas Jäger ist Österreichs bekanntester Moderator für Wetter und Klima – und arbeitet seit Jahren bewusst mit Janitza zusammen, zuletzt beim Energy Forum in Wien. Warum? Ein näherer Blick auf die Bedeutung von Energiemessdaten.

Herr Jäger, Sie schreiben von sich selbst, dass Sie grundsätzlich vom Meteorologie-Virus befallen sind. Was ist so faszinierend an der Meteorologie?
Andreas Jäger: An der Meteorologie fasziniert mich, dass das Wetter so unberechenbar bleibt. Ich kann zwar Wahrscheinlichkeiten berechnen, aber nie sicher sagen, was morgen tatsächlich im Detail passiert. Meteorologie ist eine Wahrscheinlichkeitsaussage. Die ist sehr nützlich, denn ohne möglichst genaue Wetterprognosen müssten Flughäfen auf der ganzen Welt öfter schließen. Auch viele Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien könnten ohne Vorhersage nicht arbeiten. Das Wetter aber bleibt unberechenbar. Es gibt auch für mich immer wieder Überraschungen. So oft denke ich: Das darf jetzt nicht wahr sein! Das gilt noch viel mehr fürs Klima.
Heute sind Sie unter dem Namen „klimajäger“ aus Fernsehen und Radio bekannt, vor allem in Österreich. Wie sind sie von der Meteorologie zum Klima gekommen – und was ist für Sie der Unterschied?
Andreas Jäger: Was viele Menschen landläufig unter Meteorologie verstehen, ist eigentlich die synoptische Meteorologie, also die Lehre von der Wettervorhersage. Neben der synoptischen Meteorologie gibt es noch mehr Teilgebiete, zum Beispiel die Klimatologie, die Glaziologie und mehr. Die Klimatologie war ein Teil meines Studiums und hat mich schon damals sehr fasziniert. Aber es war ja nicht abzusehen, dass dieses Thema einmal so wichtig werden würde.
Das Klima hat Sie also noch viel mehr in den Bann gezogen?
Andreas Jäger: Absolut, ich finde das Klima extrem faszinierend. Das hängt damit zusammen, dass es so wichtig ist. Natürlich ist es wunderbar, wenn mir jemand sagen kann: Achtung, nimm morgen in der Früh besser einen Regenschirm mit, es wird nachmittags regnen. Viel wichtiger ist es für mich mit der Zeit geworden, den Leuten das Klima verständlich zu erklären. Unter anderem auch, damit sie nicht irgendwelchen Leugnern aufsitzen. Das ist im Moment viel wichtiger, als jemandem zu helfen, dass er nicht nass wird. Beim Klima scheitert es im Moment nur in der Kommunikation. Wir haben kein Problem mit der Erkenntnis. Wir wissen längst, was los ist und dass wir dringend handeln müssen. Diese Erkenntnis kommt aber nicht gut an, das ist die aktuelle Herausforderung.
Einige sehen das Thema Klimawandel weiterhin kritisch. Was macht Sie so sicher, dass die Auswirkungen von heute Klimaveränderungen sind und nicht nur vorübergehende Wetterphänomene?
Andreas Jäger: Das steht nicht mehr zur Debatte, schon lange nicht mehr. Wir wissen, dass wir einen rasanten Wandel haben und dass die Zunahme von CO2 menschengemacht ist. Der Suess-Effekt ist belegt, also der Einfluss der Industrialisierung auf den C14-Gehalt der Erdatmosphäre. Das alles hat mit fossilen Brennstoffen zu tun, es ist wasserdicht. Allerdings werden immer noch einige Informationen gestreut, die 30 Jahre alt sind. Das meine ich: Das Wissen ist da. Es wird hier keine Überraschung mehr geben. Wir werden nicht plötzlich merken, dass wir etwas übersehen haben. Es ist vom Tisch, dass das alles eine natürliche Schwankung ist, zu 100 Prozent.
Der größte Effekt, den jeder in der Hand hat
In den ersten vier Monaten des Jahres 2025 fiel in Deutschland rund zwei Drittel weniger Regen als im langjährigen Durchschnitt. Manche warnen bereits vor kritisch niedrigen Wasserständen. Ist das ein klares Signal für den Klimawandel?
Andreas Jäger: Es sieht sehr danach aus. Europa steht unter dem Einfluss einer grundsätzlichen Westwindströmung, unser Wetter kommt also vom Atlantik her, weiter im Süden auch vom Mittelmeer. Und diese Westströmung haben wir stark beeinflusst, wir haben sie langsamer gemacht. Die Tiefdruckgebiete sind etwas größer geworden, die Hochdruckgebiete auch – und sie bewegen sich nicht mehr so gerne. Dadurch haben wir länger andauernde Wetterlagen, die stabiler sind.
Früher hatten wir drei Tage schönes Wetter und dann wieder Regen. Jetzt gibt es längere Phasen mit Regen oder längere Phasen, in denen es sehr trocken ist. Und wenn es im Sommer trocken ist und der Winter auch länger trocken war, haben wir schnell eine Dürre. Diese länger anhaltenden Wetterphasen, unterbrochen von heftigen Regenereignissen, das alles ist ein eindeutiger Stempel des Klimawandels. Zudem kann wärmere Luft mehr Wasser aufnehmen. Wenn es regnet, dann umso mehr.
Soweit die Problembeschreibung. Wo haben wir als Gesellschaft den längsten Hebel, um alldem entgegenzuwirken?
Andreas Jäger: Wir müssen etwas ändern – und genau das tun wir bereits. In Europa haben wir es geschafft, den Strom aus Kohle um 60 Prozent zu reduzieren. Übers Jahr produzieren wir bereits mehr Energie mit Wind und Solar als aus Kohle. Natürlich ist der Strom nicht gut verteilt übers Jahr, da gibt es noch eine Reihe von Problemen. Ich halte sie aber für lösbar, da sollten wir ein bisschen mehr Vertrauen haben. Diesen Wandel weg von den fossilen Energien müssen wir mutig weitergehen.
Was kann ich persönlich tun? Ich kann ja kein Kohlekraftwerk abschalten!
Andreas Jäger: Der größte Impact, den jeder in der Hand hat, lautet: den Fleischkonsum runterfahren. Dafür muss niemand Veganer oder Vegetarier werden. Es reicht fürs Erste, nur alle zwei Tage Fleisch zu essen. Daran stirbt keiner – und der extreme Druck fällt weg, grundsätzlich anders leben zu müssen.
Sehen Sie: Wofür werden in Deutschland oder auch Österreich 70 Prozent der Agrarflächen genutzt?
Ich habe einen Verdacht…
Andreas Jäger: Sie werden zur Fleischproduktion genutzt! Die Tiere, die wir essen, essen zuvor die Ernte dieser Flächen. Wenn ich also meinen Fleischkonsum halbiere, werden locker 25 Prozent der Agrarflächen praktisch frei. Die könnten wir renaturieren – und die Natur könnte sich erholen. Ich halte hier also ein echtes Plädoyer: So langweilig es sich anhört, beim Fleischkonsum liegt der größte Effekt, den jeder selbst in der Hand hat.
"Ich wünsche mir ein Deutschland mit mehr Selbstvertrauen!"
Sie arbeiten schon länger gezielt mit Janitza zusammen. Weshalb?
Andreas Jäger: Ich suche mir meine Partner sehr bewusst aus, mache also nicht überall mit. Ich kann solche Dinge wie Greenwashing überhaupt nicht leiden. Bei Janitza dreht sich aber alles ums Messen. Und wir brauchen mehr Fakten bei der Energiewende! Nur wer auf Basis von Daten weiß, wo er hinschauen muss, kann sein Verbesserungspotential heben. So ist es bei jeder Firma: Ich muss zuerst meine Energieflüsse kennen, bevor ich etwas verbessern kann. Und allein beim Energiesparen haben wir ein riesiges Potential! Als die Energie noch billig war, haben wir nicht so genau hingeschaut. Jetzt hingegen bieten Firmen wie Janitza eine Schlüsseltechnologie.
Das heißt, Energiemessdaten spielen für Sie eine besondere Rolle auf dem weiteren Weg der Energiewende?
Andreas Jäger: Ganz klar, eine ganz zentrale, ursächliche Rolle. Wir können den Leuten nicht sagen: Achtung, beim Klima machen wir jetzt irgendwas aus dem Bauch heraus. Wir müssen die Maßnahmen mit Daten begründen. Wenn ich wegkommen will von Kohle und Gas, muss ich zuerst meinen Energiebedarf und meine Energieflüsse kennen. Und die sind bei genauerer Betrachtung oft verblüffend verschwenderisch! Weil es jahrelang fast nichts gekostet hat. Da arbeiten Maschinen mit einem extrem schlechten Wirkungsgrad. Ich muss nur eine neue Maschine installieren und ich komme auf die Hälfte des Verbrauchs – selbst, wenn ich beim gleichen Energieträger bleibe. Und das lohnt sich auf Dauer.
Die Energiewende muss sich also auch rechnen?
Andreas Jäger: Jeder CEO muss eine Maßnahme durchrechnen, bevor er womöglich Millionen investiert. Er ist für den Betrieb verantwortlich, jede Firma muss auch wirtschaftlich handeln. Und wenn wir Unternehmen an die Hand nehmen und ihnen helfen, ihre Einsparpotentiale zu entdecken, ist das eine sehr sinnvolle Aufgabe. Das geht übers Geldverdienen hinaus.
Was sind Ihre nächsten Projekte? Weitere Menschen für die Meteorologie und fürs Thema Klima begeistern?
Andreas Jäger: Ich werde weiter auf die Probleme hinweisen, die wir haben. Da brauche ich ja nur bei der Trockenheit anfangen. Mir geht es aber auch mehr und mehr um Lösungen: Wir müssen nach vorne schauen und wieder Mut fassen! Natürlich in Österreich. Aber vielleicht sogar ein wenig mehr in Deutschland. Da gibt es so viele gescheite, lässige Leute, mit super Ideen, spannende Startups! Aber wer hat im Moment das Wort? Die Miesmacher.
Es waren deutsche Ingenieure wie Otto und Diesel, die eine Technologie zur Höchstleistung gebracht haben. Die Deutschen haben Agri PV erfunden, die Verbindung von PV und Landwirtschaft, und noch viel mehr. Also stellt euer Licht nicht unter den Scheffel! Ich wünsche mir ein Deutschland mit mehr Selbstvertrauen. Wie in den 80ern. Deutschland ist ein super Land, bitte besinnt euch wieder auf eure Stärken und schafft Lösungen!
Zur Person
Andreas Jäger ist ein österreichischer Meteorologe und Fernsehmoderator. Er hat durch seine Wettermoderation und weitere Tätigkeiten im österreichischen Radio und Fernsehen nationale Bekanntheit erreicht. Er arbeitet schon einige Jahre mit Janitza zusammen und hat zuletzt das Janitza Energy Forum unter dem Motto „Energietransparenz, Verantwortung und Zukunft“ am 5. Mai 2025 in Wien moderiert.
Zur Webseite von Andreas Jäger: andreasjaeger.at
Die Fragen stellte Joachim Bär